1. Die Entdeckung der Mundakupunktur
Es hat sich gezeigt, dass auch die Mundschleimhaut ein System von
Punkten birgt, von denen aus therapeutische Einwirkungen auf die
verschiedensten Organe und Funktionen des Organismus möglich sind. In
der traditionellen chinesischen Akupunktur waren lediglich zwei in der
Medianlinie gelegene Mundschleimhaut-Akupunkturpunkte bekannt. Die neu
ermittelten Mundakupunkturpunkte haben erkennen lassen, dass auch die
Mundschleimhaut von einem Netz von Akupunkturpunkten überzogen ist, das
in seiner Gesamtheit eine Mehrfach-Somatotopie darstellt (Bild).
Das Mikrosystem der Mundhöhle hat sich als ein vorrangiges
Therapieareal erwiesen, das inzwischen seit 30 Jahren erprobt ist. In
diesem Zeitraum sind die Indikationen dank der Anwendung durch viele
Therapeuten bestätigt, aber auch erweitert und an manchen Stellen
korrigiert worden.
Die Mundakupunktur ist auf einer jahrzehntelangen Erfahrungszeit
begründet. Zur Zeit der Erstpublikation (1979) umfasste die
Dokumentation bereits mehr als 400 Patienten, bei denen verschiedenste
Erkrankungen des Hals-Nasen-Ohren-Gebiets, insbesondere Sinusitiden,
Tonsillitiden, Neuralgien, Otalgien und Zephalgien, durch Injektionen an
spezifischen Mundpunkten behandelt und auf einfache und schnelle Weise
gebessert bzw. behoben worden waren.
Erstaunlicherweise häuften sich immer mehr die Fälle, bei denen nicht
nur Krankheiten des Kopfgebietes, sondern auch andere Beschwerden, die
dem Arzt nicht berichtet und daher nicht in die Behandlung einbezogen
worden waren, beeinflusst wurden. So berichteten manche Patienten, dass
sich ihre Verdauungsbeschwerden, ihre Obstipation, ihre Gastritis, und
andere wiederum, dass sich ihre Schulter-, Hüft- und
Kniegelenkbeschwerden gebessert hätten. Ebenso traten häufig Besserungen
im psychischen Befinden ein: Patienten berichteten spontan von einer
deutlichen Anhebung ihrer Stimmungslage und ihres Antriebs.
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Bild oben: Repräsentation der Akupunkturmeridiane in der Mundhöhle. Im
Vestibulum findet sich eine Vierfachprojektion: Jeweils 10 Meridiane
bzw. 5 gekoppelte Meridianpaare in jedem der vier Kieferquadranten.
Da anfangs weder Arzt noch Patient solche Fernwirkungen erwartet oder
vorausgesehen hatten, entfiel der Verdacht einer Suggestion. Aber auch
nachdem die Methode gesichert war, wurden die Patienten weiterhin nicht
über deren Akupunkturcharakter unterrichtet, um jede Erwartungshaltung
und Suggestion zu vermeiden.
Die Behandlungsergebnisse ließen erkennen, dass von gleichen
Mundpunkten aus analoge und somit voraussehbare Reaktionen an entfernt
liegenden Organen und Körperregionen erzielt werden können. Daraus war
zu schließen, dass sich im Cavum oris ein System von Punkten befindet,
die zu den Meridianen der Akupunktur und damit zu den verschiedensten
Organen und Körperregionen Beziehungen unterhalten.
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